Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Karussell
- Geisterbahn
- Schiffschaukel
Karussell
Herzlich willkommen zum “Jahrmarkt der Geldeinheiten“: der Börse. Die Fahrgeschäfte sind in vollem Gange und wir besteigen zuerst das KI-Karussell. Das größte seiner Art trägt den Namen Nvidia und ist die Attraktion auf dem Jahrmarkt. Karussellbetreiber Jen-Hsun Huang versteht es wie kein anderer, die Massen anzulocken, und transformierte sein Fahrgeschäft zum Riesenrad. In einer Höhe von 57 Mrd. US-Dollar Umsatz und einer Breite von 65 Mrd. US-Dollar Ausblick für das laufende Jahr liefert Nvidia weiterhin spektakuläre Momente mit Nervenkitzel. Während viele Jahrmarktbesucher vor den Zahlen noch an der Losbude standen, um darüber zu rätseln, ob Chip-Aktien jetzt noch ein Hauptgewinn oder eher eine Niete seien, schluckte der Markt die Chips wie ein Autoscooter, der auf Crashkurs geht. Zuerst der nachbörsliche Kursaufschlag, dann der tatsächliche Aufschlag am Parkett. Karussell und Riesenrad wurden für viele direkt zur Achterbahn der Gefühle und Kurse. Viele Jahrmarktbesucher fühlen sich nach den rasanten Fahrgeschäften leicht unwohl und überlegen ihre Chips vom Tisch zu nehmen.
Geisterbahn
Derweil ereilt die hartgesottenen Bitcoinbudenbesitzer ein Geisterbahnmoment. Wie im Freefall-Tower fällt der Bitcoinkurs von 120.000 Dollar in der Spitze in Richtung 80.000 Dollar. Beim aktuellen Bitcoin-Abverkauf fühlt sich der Markt an wie beim „Hau den Lukas“: Viele Händler schlagen panisch drauf und wundern sich anschließend, warum das Ding am Ende doch wieder nach unten fällt. Der plötzliche Schreckmoment hat System in der Geisterbahn und sorgt für außerordentliche Emotionen. Die schwappen meist auf den Mitfahrer über, an den man sich ängstlich klammert. In diesem Fall die Tech-Unternehmen, die im Schlepptau des Bitcoins agieren oder die gehebelten Beifahrer, deren Bremsen jetzt versagen und die ungebremst auf den Zombie Totalverlust zurasen. Wie schön wäre es jetzt beim Dosenwerfen oder Entenangeln, statt im Spiegellabyrinth der Börsenprognosen umherzuirren. An der Schießbude wurden derweil die Epstein-Files ausgepackt, um einen Prominenten nach dem anderen unter Beschuss zu nehmen. Noch warten die Zuschauer an der Bude, ob es jemand schafft, den orangefarbig-blonden Teddybär zu treffen oder ob doch nur wieder auf (Wort-)Hülsen geschossen wird.
Schiffschaukel
Kommen wir zu den Schiffschaukelbremsern. Und ja: Ich meine damit nicht die vielen Teilnehmer des Klimagipfels in Brasilien, sondern die wenigen Staatschefs des anstehenden G20 Gipfels in Südafrika. Da weder der Kraftkoloss aus China noch der unbesiegbare Muskelmann aus den USA und schon gar nicht der kaltblütige Eisenbeisser aus Russland anreisen, ist der Schaubudenkampf zur Schiffschaukelei degradiert. Wenn Sie echte Auseinandersetzung sehen wollen, empfehle ich Ihnen diese Woche den Finance-Fight-Club mit mir und Stefan Risse. Ein echter Streit über die Jahresendrally 2025: Kommt sie wirklich? Oder Sie schaukeln mit mir einmal durch den Kapitalmarkt bei meinem Interview für Biallo: Aus drei Gründen wird der Kupferpreis explodieren! Und wem das Finanzschaustellergeschäft derzeit einfach zu wild und turbulent ist, dem sei ein Blick in die Kunstwelt empfohlen, die diese Woche einen ganz besonderen Klim(t)zug vollzogen hat. Schlappe 205 Mio. Euro für Gustav Klimts „Bildnis der Elisabeth Lederer“ machen dieses Werk zum zweitteuersten der Welt. Es gibt sie also doch noch, die monetären Erfolge in dieser Woche. Die Börse sucht derweil nach neuen Investoren, gemäß dem alten Jahrmarktsmotto: „Junger Mann zum Mitreisen gesucht!“ Wir sehen uns nächste Woche wieder auf einem neuen Jahrmarkt der Geldangelegenheiten.
Ihr Volker Schilling