Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Sie werden gleich verbunden
- Alle Leitungen sind derzeit belegt
- Bitte legen Sie nicht auf
Sie werden gleich verbunden
Wer kennt es nicht, dieses festgeklemmte Dasein in der Telefonwarteschleife. Warteschleifen sind wie ungewollte Meditationskurse, nur mit schlechter Musik. Und auch an der Börse war diese Woche das große Abwarten angesagt. Warten auf ein paar Unternehmenszahlen. Warten auf eine Jahresendrally. Warten auf neue Nachrichten, die entscheidende Impulse liefern können. Stattdessen in der Dauerschleife: Sie werden gleich verbunden! So sitzen die Börsianer gelangweilt auf dem Parkett und beobachten ihre Portfolios mit belanglosen Kursschwankungen ohne nennenswerte Ausschläge. Die Aktienmärkte explodieren nach rechts und am Ende des Tages, das bekannte „Kling, Börsen-Glöckchen, klingelingeling“. Die Anleger warten auf die nächsten Sitzungen der Notenbanker dies- und jenseits des Atlantiks und vertreiben sich die Zeit mit dem Börsenäquivalent zu Horoskopen, den Jahresprognosen für 2026. Im Hintergrund dudelt amerikanische Warteschleifenmusik und spielt: 🎵 Ma-duro, Ma-duro…Ma-duro, he takes me money an run out of venezuela….. Everybody now…🎵
Alle Leitungen sind derzeit belegt
In Deutschland geht der Stillstand derweil nahtlos in die Stille Zeit über, in der sich sogar die Jungen in der Union in Zurückhaltung üben. Keine Zustimmung zum Rentenpaket, wahrscheinlich, weil sie gelesen haben, dass die Zustimmungswerte im Sinkflug sind. So schnüren die Altvorderen das Rentenpaket, um es unter den Weihnachtsbaum zu legen, eingewickelt in rotes Papier mit sorgfältig linksgebundener Schleife. Erst hohe Wellen, dann still und starr ruht der See. Zum Glück sorgt die Weihnachtshexe Bärbel „Befana“ Bas dafür, dass der kaltherzige Unternehmertypus Ebenezer Scrooge in seinem bequemen Sessel und Maßanzug an den Pranger gestellt wird. Als Reaktion haucht ihr der Richtlinienkompetenzling die entscheidende Hotlineformel ins Ohr: Die Verbindung wird gehalten! So legt sich auch über das politische Deutschland die Vorweihnachtszeit, ohne weitere Auskünfte darüber zu geben, wie man die Wirtschaft wieder aus der Warteschleife befreien will. Ganz nach dem Motto: Alle unsere Mitarbeiter sind zurzeit im Gespräch. Bundeskanzler Friedrich Merz würde natürlich sagen: Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Ihren Hilferuf entgegenzunehmen. Die Warteschleifenmusik rieselt weiter aus dem Lautsprecher: 🎵 Stille Nacht, heilige Nacht… alles schläft, Merz nur wacht. 🎵
Bitte legen Sie nicht auf
Apropos Hilferuf: Der Cheftelefonist der Amerikaner, Steve Witkoff, der zu Verhandlungen in Moskau weilte, hielt es nicht für notwendig, auf seiner Rückreise in der Ukraine oder überhaupt in Europa eine Zwischenstation einzulegen. Stattdessen lässt Washington die Bündnispartner brav in der Leitung hängen: Bitte legen Sie nicht auf! Der lang ersehnte Friedensengel hängt damit auch in einer Art geopolitischen Warteschleife fest. Und so gilt für nahezu alle aktuellen Themen diese Woche: Weiter geduldig warten auf die Verbindung und nicht auflegen. Wir warten auf Reformen, auf Frieden, auf den Wirtschaftsaufschwung, auf steigende Börsen, auf sinkende Zinsen und glorreiche Börsenprognosen für das kommende Jahr. Als Kolumnist dieses illustren Wartezimmers bleibt mir am Ende nur noch folgende Schlussformel: Zu Schulungs- und Qualitätszwecken wurde diese Kolumne aufgezeichnet. Und die Warteschleifenmusik säuselt weiter aus dem Off: 🎵 Give peace a chance… please hold the line… 🎵
Ihr Volker Schilling
