Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Pars pro toto
- Ceteris paribus
- Primus inter Pares
Pars pro toto
Latein war meine erste Fremdsprache und mit dem großen Latinum bewaffnet, war es nie ein Nachteil zu verstehen, dass ein Teil für das Ganze stehen kann. Also leihen Sie mir Ihre Ohren für die Ereignisse der Woche, die ich mit spitzer Feder in den Äther diktiere. So wie die Führungsmannschaft von VW, die die Klinge der Kürzungen zum Nachteil der Belegschaft und zum Vorteil der Rentabilität ansetzen will. Der Urnengang zur Streikabstimmung rückt damit näher. Der Bund will sich nicht einmischen und streicht die Segel. Die streicht er auch beim verbliebenen Restanteil an Aktien der Commerzbank AG im Staatsbesitz. Nach 16 Jahren trennt man sich schrittweise vom Erbteil der Finanzkrise 2008. Die klamme Staatskasse braucht Liquidität. Allerdings erhält man nur einen Bruchteil des Kaufbetrages zurück. Quasi nur ein Teil des Ganzen. Das denkt sich auch US-Präsidentschaftskandidatin Kamal Harris und kündigte diese Woche schon einmal an, dass sie einen Teil der Kapitalerträge von US-Bürgern künftig höher besteuern möchte. 28 % statt 20 % auf Kapitalerträge sind ihr Ziel. Ansonsten bleibt diese Woche alles beim Alten:
Ceteris paribus
„Unter sonst gleichen Bedingungen“ ist eine beliebte Floskel, wenn man anhand von Modellen die Welt erklären möchte. So wie die vielen Politiker am Wochenende, die ihren Anteil an Wahldebakeln kleinreden und die Umstände als Nachteil ihres Versagens anführen. Am politischen Willensprozess teilnehmen und teilhaben sind eben manchmal zwei Paar Schuhe. Der Vorteil: Immer ist der politische Gegner Schuld. Doch seit Seneca wissen wir: „Audiatur et altera pars.“ (Man höre auch die andere Seite.) Doch das Gegenteil ist der Fall, man streitet lieber als gemeinsam anzupacken. Die Konsequenz: Das Kieler Institut für Weltwirtschaft erwartet, dass das BIP in Deutschland in diesem Jahr um 0,1 % schrumpfen wird. Defensive Sektoren wie Pharma und Versorger daher die aktuellen Favoriten an der Börse. Doch es gab auch Meldungen diese Woche, die ceteris paribus, die deutsche Wirtschaft auch wieder beflügeln könnten. Zur großen Überraschung vieler stiegen die Auftragseingänge in der deutschen Industrie im zweiten Monat in Folge unerwartet stark. Plus 2,9 %, obwohl Minus 1,7 % erwartet wurden. Ist Deutschland weiter die kranke Frau oder halten wir es wie Seneca: „Pars sanitatis velle sanari est!“ (Ein Teil der Heilung ist, geheilt werden zu wollen!)
Primus inter Pares
Auch bei Aktiengesellschaften gibt es Aktionäre, die als Primus inter Pares etwas mehr Ansehen genießen. So wie Warren Buffett zum Beispiel, der sich diese Woche von einem Teil seiner Bank of America Aktien trennte. Oder die Reederei MSC, die mit Zustimmung der Hamburger Bürgerschaft künftig 49,9 % des Hamburger Hafens hält. Aber auch Nippon Steel wird mit der möglichen Übernahme von US Steel ein Primus inter Pares im Stahlsektor werden. Einer der bedeutendsten „First among equals“ unter den Staatsmännern bleibt aber der US-Präsident. Nicht weil er glaubt, wie Donald Trump, dass er als Napoleon die Farm der Tiere anführt, sondern weil sie glaubt, wie Kamala Harris, dass sie Trump politisch begraben kann. So wie der Primus inter Pares der römischen Senatoren, Julius Cäsar, der bei William Shakespeare von Marcus Antonius folgende berühmte Worte zu hören bekam: “Freunde, Römer, Landsleute, leiht mir eure Ohren. Ich komme, um Cäsar zu begraben, nicht ihn zu preisen.” Ich preise dagegen die Ereignisse der Woche und verabschiede mich natürlich nicht von Ihnen ohne mein lateinisches Lieblingszitat: “Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.” In diesem Sinne teilen Sie meine Ausführungen gerne auch in Ihren sozialen Medien.
Vale, Ihr Volker Schilling